Kambium als Notnahrung

 

Zuallererst möchte ich gesagt haben: Das ist ausgemachter Blödsinn!

 

Aber...Ein Blödsinn der immer wieder zur Sprache kommt. Der Hintergrund dieses Gedanken ist folgende Aussage die man immer wieder hört: Im Kambium enthalten ist „Zucker“ und dieser Zucker sorgt eben für einen Nährwert, vor allem im Winter.
So ganz falsch ist das auch nicht. Nehmen wir das ganze doch mal auseinander:

 

Das Kambium selbst ist gar nicht einfach so mit dem Messer zu ernten.

 

Diese Schicht, namens Kambium, welche für das Dickenwachstum bestimmter Pflanzen zuständig ist, ist mikroskopisch dünn.

 

Das was viele in überlebenstaktischer Euphorie ernten ist also in der Regel nicht nur das Kambium sondern Bast. Bast an dem unweigerlich das Kambium klebt. Bast ist die Schicht die direkt über dem Kambium liegt. Die Schicht direkt unter dem Kambium ist ...Holz...Wer hätte das Gedacht!Und diese Holzschicht ist ganz direkt unter dem Kambium durchaus noch weich, besteht aus noch nicht hartem Holz.

 

Genau hier haben wir dann den ersten Beweis für die These der Überlebenstaktiker: Ja im Bast und dem Holz ist Zucker.....Naja...Zellulose um genau zu sein.

 

Zellulose ist ein Polysacharid oder auch Polyose oder besser bekannt als Mehrfachzucker. Hört sich ja erst mal gut an.

 

 

Aber leider sind wir Menschen solche Wesen die man „Monogastrier“ schimpft. Also Lebewesen mit einteiligen Mägen.

 

Und die haben nun folgendes Problem:

 

Zellulose (unteranderem auch Lignin und Pektin) können Monogastrier nicht aufspalten. Die Zellulose in der Bushcraft-Bast-Spaghetti ist also nichts als Ballaststoff. Gut für die Defäkation aber nichts für die Nährstoffzufuhr.

 

Eine schöne Überleitung: Es gibt durchaus auch Monogastrier die Zellulose aufspalten können um somit Ihre Brennwert-Bilanz aufrecht im positiven Bereich zu halten .

 

Dafür machen die sich bestimmte Bakterien zunutze die ihnen dabei helfen.

Darmbakterien...

 

 

....Hasen beispielsweise fressen ihre Fäzes um ihr fehlendes Enzym zum spalten der Zellulose zu kompensieren. Davon möchte ich aber entschieden abraten. ...obwohl.....Nein. Tut es bitte nicht!
Nun wurde ich vor einiger Zeit darauf Aufmerksam gemacht, dass Kambium aber einen Stoff enthält der sich Xylit nennt. Ein Zuckeralkohol der tatsächlich auch einen gewissen Nährwert für den Menschen aufweist. Aber bevor nun Angst aufkommt, dass die Rinden junger Bäume jetzt voreilig geschält werden, kann ich Entwarnung geben. Xylit in einer Menge die einen nennenswerten Nutzen für uns hätte, ist durch die Bast-Ernte (mit der winzigen Kambiumschicht) nicht zu erreichen. Das funktioniert schlichtweg nicht. Wir reden bei Xylit von einem Brennwert von ca. 240kcal AUF 100 GRAMM Davon sind 99g KH, 0g Fett und 0g Eiweiß. Nicht gerade das was man als sinnvolle Notnahrung bezeichnen würde. Vor allem wenn wir uns mal vor Augen halten wie viel Tonnen Bast wir zu uns nehmen müssen um auf 100g Xylit zu kommen. Ob es nun Tonnen sind das weiß ich nicht. Aber ich denke/hoffe, der Irrsinn hinter der Aussage: „Im Kambium ist Zucker und deshalb essbar“, wurde hier deutlich aufgeführt.

 

ESSBAR ist eine ganze Menge. Auch die eigene Fäzes. Aber macht dies Sinn? Ich befürchte …..Nein!
Dieser ganze Kambium-Quatsch hat vielleicht auch einen ganz einfachen Hintergrund. Immer wiedermal liest man von Kambium-Mehl das die Menschen vor X-Hundert Jahren und in Notzeiten verspeist hätten. Nun....Der Bast wurde tatsächlich zermahlen um vorhandenes Mehl zu strecken. Dazu hat man aber auch Holzspäne hergenommen.

 

Warum kam eigentlich noch keiner auf die tolle Idee, den Welthunger mit Dachlatten zu bekämpfen? Ich weiß es nicht.

 

Ich hoffe ihr nehmt mir nicht übel wenn ich den Traum, vom Kambium als adäquates (Not-) Nahrungsmittel zerstören muss. Aber es ist einfach ein Blödsinn der sich wacker in den Köpfen festgesetzt hat. Ich fordere hiermit: „Stop eating bark and bast fibre“ Oder: Wenn schon dann bitte möglichst mit Anspruch auf erhoffte Effizienz beim Wiederverzehr der eigenen Fäzes.

 

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